Kommentar(tor) - eine Kunst für sich

August 10, 2017 - Lesezeit: 4 Minuten

Während der aktuell laufenden Leichtathletik WM in London ist mir mal wieder bewusst geworden. Die beste Sportübertragung für Sofasportler wird nicht mit viel Schnick Schnack, albernen Vorberichten, 200 Kameras und Ultra HD produziert, sondern ist abhängig von, natürlich den sportlichen Leistungen der Athleten und dem oder den Kommentatoren. Leichtathletik schaue ich mehr oder weniger seit 2003 ausschließlich auf Eurosport, obwohl dort ständig Werbung läuft, die Bildregie gerne etwas seltsam ist und es kaum Interviews mit den (deutschen) Sportlern gibt. Der Grund? Das Kommentatoren Duo, bestehend aus Sigi Heinrich und Dirk Thiele. Abgesehen von der sportlichen Kompetenz schaffen es diese beiden Herren den Zuschauer mitzureißen, da gucke ich mir teilweise Disziplinen an ohne mich groß dafür zu interessieren, dazwischen gibt es ein paar Anekdoten und gerne auch mal etwas Geplänkel zwischen Heinrich und Thiele. Das Ganze sprachlich anspruchsvoll verpackt, längst nicht immer politisch korrekt, aber fair und gerne auch kritisch. Über Doping wird genauso offen gesprochen wie über schlechte Leistungen und Einbürgerungen. Und das vielleicht wichtigste, es ist trotzdem keine Selbstinitiierung, der Zuschauer hat das Gefühl es ist authentisch und es geht um den Sport. Ein komplettes Qualitätspaket, welches völlig zu Recht auch 2008 den deutschen Fernsehpreis gewann, was man so nur noch selten (oder vielleicht auch gar nicht) findet und dass es seit diesem Jahr auch nicht mehr in der Form gibt. Eurosport hat entschlossen Dirk Thiele zu ersetzen, ok der Mann ist jetzt auch Mitte 70, irgendwann musste das passieren und irgendwann wird es wohl auch Sigi Heinrich treffen. Für mich wird dann eine Ära zu Ende gehen, ich werde vermutlich immer noch die Großereignisse der Leichtathletik verfolgen, aber es wird etwas fehlen und auch die Vorfreude wird geringer ausfallen.

In diesem Sommer hat auch Fritz von Thurn und Taxis bei Sky sein Mikro an den Nagel gehängt. Ein ähnlicher Typ Kommentator, der schon Mitte der 90er im Eishockey seine Marken gesetzt hat und zuletzt dann vor allem im Fußball. Auch hier wird Sky eine Lücke zu füllen haben, wenngleich Thurn und Taxis die Lager sicherlich mehr spaltet. Spielernamen waren nicht seine Stärke, manches doch übertrieben, was dann auch wieder irgendwie unterhaltsam war. Aber auch er verfügte über eine gute Rhetorik und Leidenschaft.

Ebenfalls bei Eurosport zu Hause ist Matthias Stach, der den meisten wohl vor allem von den Tennis Übertragungen und Moderationen bekannt ist, mir aber immer zuerst wegen den Schwimmübertragungen einfällt. Seit einigen Jahren gemeinsam mit Thomas Rupprath führt Stach dort scheinbar über jeden Schwimmer und jede Schwimmerin eine persönliche Biografie. Zugegeben einige Infos über High-School Dramen und Lieblingstiere sind teilweise zu viel des Guten, spätestens im Wasser kann Stach wieder begeistern und den Zuschauer mitnehmen. Aber auch hier fällt auf, dass beide Kritik nicht immer nur positiv äußern, ein angenehmer Nebenaspekt der wohl auch für die „kleineren“ Sender spricht, die ihren Kommentatoren diesen Freiraum lassen.

Und was kommt nach? Wenig. Zumindest in meiner Wahrnehmung. Die junge Garde tut sich schwer. Da wäre z.B. der neue Partner von Heinrich, Markus Röhrig. Bemüht sachlich, eher monoton, es könnte einer von 100 anderen Kommentatoren sein. Zugespielte Bälle von Heinrich (wie z.B. über die Essgewohnheiten der polnischen Hammerwerferin), nimmt er selten und eher wiederwillig auf. Er ist solide, aber mehr nicht, das mag hart klingen, aber so ist es nun mal. Auch ein Basti Schwele ist mit Leidenschaft im Eishockey dabei, seine emotionalen Ausbrüche klingen aber oft gekünzelt und vorgeschrieben und einiges wird gerne besser gemacht als es war. Hängt stark von der Tagesform ab, aber die Routine kommt vielleicht noch. Letztendlich wird von Fans über die Kommentatoren sicherlich fast genauso diskutiert wie über den Sport selbst. Natürlich meistens im Fußball. Faßbender, Rethy, Reif und Co. Aber irgendwo hat wohl jeder den einen den er lieber auf „Mute“ stellt. Kommentieren ist halt eine Kunst für sich.

Wie es auch als Newcomer gehen kann zeigte dann 2014 ARD Kommentator Jan Wiecken bei Olympia, der mit Fachkenntnis und wieder der berühmten Leidenschaft durch die Snowboard Wettbewerbe führte. „Trainiert“ hat er nach eigenen Angaben übrigens mit Gerd Rubenbauer. Na wen wundert´s.

Abschließend mal ein paar persönliche Highlights: